Schon lange nutze ich das Tokina 11-16mm f2.8 PRO für meine Landschaft- und Naturaufnahmen und überall dort, wo es darum geht, möglichst viel auf das Bild zu bekommen. Das Tokina hat sich dabei als ein treuer Begleiter erwiesen, welcher mich schon in viele Länder wie z.b. Island, Sri lanka, Singapur (und noch einige mehr) begleitet hat. Das Tokina hat dabei stets seine ausgezeichnete Schärfe unter Beweis gestellt. Was mich allerdings doch immer etwas gestört hat, ist seine Anfälligkeit für optische Fehler bei Gegenlicht und die unscharfen Ecken, die man trotz kräftigen Abblenden niemals ganz weg bekommt.
Neben Flares zeigt das Tokina bei Gegenlicht zudem manchmal "verwaschene Lichter", wie man z.b. auf diesem Bild der Skyline von Singapur erkennen kann. Nun, unscharfe Ecken und Fehlabbildungen bei Gegenlicht zu bewältigen ist für jedes UWW Objektiv eine Herausforderung, doch ich war neugierig wie sich hier das Nikon 10-24mm f3.5-4.5 im Vergleich zum Tokina schlagen würde. Gesagt getan, hier unterziehe ich die beiden Objektive einem kleinen Vergleichstest in Verbindung mit meiner Nikon D7000.
Beide Objektive nehmen sich in Sachen Verarbeitungsqualität nichts, sie sind sehr solide gebaut und sehr gut verarbeitet. Der Fokusring des Nikons (der wie gewohnt hinten liegt) läuft etwas satter als der des Tokinas. Letzteren zieht man beim Tokina zurück um in die manuelle Fokussierung zu switchen. Die Brennweitenregulierung des Tokinas gefällt mir besser, da diese leichtgängiger läuft und im Vergleich zum Nikon Objektiv auch keine äußeren Bewegungen stattfinden. In manchen Foren wird geschrieben, das Tokina sei gebaut wie ein Panzer. Da kann ich nur zustimmen, man hat bei diesem Objektiv den Eindruck, als könne man es auch zur Selbstverteidigung nutzen oder damit Kokosnüsse aufschlagen.
Kommen wir zum Eingemachten. Das was wohl für jeden Fotografen das Wichtigste an seinen Objektiven ist, ist die Abbildungsleistung. Es gibt da einige Kriterien die besonders wichtig sind, gerade in der Landschafts- und Naturfotografie. Vier der meiner Meinung nach wichtigsten Kriterien habe ich mir für meinen Test herausgesucht.
Neben der allgemeinen Schärfeleistung sind vor allem drei weitere Dinge wichtig: Leistung bei Offenblende (inkl. Randschärfe), Leistung abgeblendet und Performance bei Gegenlicht. Gerade in den Ecken wird es bei UWW Objektiven im Randbereich mit der Schärfe schnell kritisch und auch für Flare-Bildung - oder andere optische Fehler bei Gegenlicht - sind sehr weitwinkelige Objektive anfällig.
Zuerst das Nikon 10-24mm f3.5. Bei einem ersten Testlauf mit einem Holzzaun, wollte habe ich die Schärfeleistung in den Ecken bei Offenblende getestet. Hier zuerst das Gesamtbild (am Ende des Beitrags gibts alle Originale zum Download).
Und hier 100% Crops dieses Bildes aus den Ecken. Wie gesagt ist dieses Bild bei Offenblende entstanden. Das Bild kann auch hier heruntergeladen werden oder draufklicken zum Vergrößern.
Als erstes ist mir aufgefallen, dass das Nikon 10-24mm nicht 100% zentriert ist. Das macht es etwas schwer hier eine Note zu vergeben, das Objektiv gehört eigentlich zuerst zum Service. Leider passt das auch zu den Erfahrungen die ich oft mit Nikon Objektiven (und Bodies) mache, vieles gehört nach dem Neukauf erst einmal zum Service, zur ordentlichen Justage.
Interessant ist bei diesem Bild auch die Schärfeleistung im mittleren Bereich, im sogenannten "Sweet Spot" des Objektives. Hier das Ergebnis (100% Crop / Ungeschärft / Offenblende):
Wie erwartet ist hier die Abbildungsleistung in der Bildmitte recht ordentlich. Weiter gehts zum Tokina.
Wie schlägt sich im "Holzzauntest" also das Tokina 11-16mm f2.8? Hier die Antwort, dieses Bild kann wieder hier heruntergeladen werden.
Das sieht wesentlich besser aus. Das Nikon 10-24mm ist zwar dezentriert, was man gerade in der linken oberen Ecke stark sehen kann, trotzdem sieht man, dass die unscharfen Bereiche des Tokina weniger weit ins Bild ragen. Hier hat also das Tokina klar die Nase vorne. Und so sieht der Sweet Spot aus (100% Crop / Ungeschärft / Offenblende):
Auch hier ist die Leistung sehr gut. Die Strukturen sind sogar schärfer als beim Nikon 10-24mm, in Sachen Schärfe hat also das Tokina die Nase vorne.
Alles in allem geht beim Holzzaun-Test somit der Punkt an das Tokina. Dieses zeigt zwar bereits hier mehr Chromatische Aberrationen als das Nikon Objektiv, da sich diese aber meist sehr einfach entfernen lassen, fällt dies kaum ins Gewicht. Nun, kaum jemand von uns ist leidenschaftlicher Holzzaun-Fotograf, deshalb gehts mit beiden Schätzchen nun raus in die Natur, mal sehen wie sich die beiden Kontrahenten dort schlagen.
Übrigens: Wem die Leistungen der Objektive beim Holzzaun abgeblendet interessieren, der findet am Ende des Beitrags Blendenreihen von Offenblende / 5.6 / 8.0 / 11.0 / 16.0 und 22.0.
Die Leistung der beiden Objektive bei Offenblende kennen wir nun, hier hat das Tokina 11-16mm die Nase vorne. Nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, dass das Nikon Objektiv etwas dezentriert ist. Offenblende ist aber nicht die typische Anforderung an ein UWW Objektiv. Diese benötigt man eigentlich "nur", wenn man Nachts unterwegs ist. Hier also ein typischeres Anwendungsgebiet eines UWW Objektives. Ein Bachlauf, aufgenommen bei Blende 8 und vollen Weitwinkel mit dem Nikon 10-24mm:
Und hier das Tokina 11-16mm:
Es fällt auf, dass das Nikon die Szenerie kontrastreicher abbildet, beim Tokina wirkt alles ein bisschen weniger "satt". In den Originaldateien (welche ihr ebenfalls Ende des Beitrages herunterladen könnt) sieht man zudem, dass die Chromatischen Aberrationen beim Tokina wieder einmal deutlich stärker ausfallen. Auch die Schärfeleistung in den Ecken ist (auf unendlich fokussiert und abgeblendet) beim Nikon 10-24mm etwas besser. Was zudem auch schon in der verkleinerten Version klar wird ist, dass der eine Millimeter weniger, den das Nikon Objektiv im UWW Bereich hat, doch einiges ausmacht.
Abgeblendet geht der Punkt also an das Nikon UWW Objektiv.
Wirklich wichtig ist die Leistung eines Weitwinkelobjektives bei Gegenlicht. Gerade bei Nachtaufnahmen von Städten und Sonnenunter- bzw. Aufgänge spielt das eine große Rolle. Ein fetter Flare, oder verwischte Lichter mitten durch das Bild, lassen sich oft nicht mehr einwandfrei retuschieren. Deshalb ist es wichtig, dass das Objektiv bei Gegenlicht eine gute Figur macht.
Da sich die Sonne bei uns kaum mehr blicken lässt, habe ich versucht mit künstlichen Lichtquellen optische Fehler zu erzeugen. Also raus und die nächste fette Lichtquelle gesucht und draufgehalten. Was das Nikon 10-24mm daraus gemacht hat, sieht so aus (Bilder anklicken zum Vergrößern).
Nun, das ist nicht gerade rühmlich. Doch bevor wir voreilige Schlüsse ziehen, zuerst die Leistung des Tokinas in der selben Situation:
Nicht gerade besser. Was auffällt ist, dass das Nikon zwar auch sehr starke Flares erzeugt, allerdings die gesamte Szenerie und den Bereich rund um die Flares deutlich kontrastreicher abbildet. Das macht es wesentlich leichter, solche Flares in der Nachbearbeitung zu korrigieren, das Tokina macht einem das fast unmöglich. Keiner sollte aufgrund dieser starken Flares abgeschreckt sein, denn was ich hier gemacht habe grenzt schon an Mißbrauch. Jedes UWW ist anfällig für solche Flares, das liegt in der Natur der Sache. Allerdings finde ich, dass das Nikon 10-24mm hier eine etwas bessere Figur macht. Die Eingangs erwähnte Skyline von Singapur hätte es vermutlich fehlerfreier abgebildet. Die bessere Leistung bei Gegenlicht sehe ich somit beim Nikon 10-24mm.
Sowohl das Tokina 11-16mm f2.8 und das Nikon 10-24mm f3.5-4.5 sind tolle Weitwinkelobjektive. Das Nikon Objektiv kostet derzeit bei Amazon rund 150,- Euro mehr als das Tokina und ich denke, dieser Aufpreis ist gerade noch so gerechtfertigt. Die etwas bessere Schärfeleistung in den Ecken bei Blende 8 und die etwas bessere Leistung bei Gegenlicht sind meiner Meinung nach den Aufpreis wert.
Das Tokina punktet allerdings in einem Bereich der äußerst wichtig ist: Schärfe! Das Tokina ist im Sweetspot Bereich messerscharf zudem ist die Verarbeitung hervorragend. Die etwas höhere Lichtstärke spielt in der Praxis zwar kaum eine Rolle, aber man sollte berücksichtigen, dass die Lichtstärke durchgehend von 11-16mm f2.8 beträgt, beim Nikon beträgt die Lichtstärke am Brennweitenende f4.5.
Letzterer spricht aber im allgemeinen wieder für das Nikon Objektiv, denn ein Brennweitenbereich von 10-24mm kann schon sehr vorteilhaft sein. Das Tokina 11-16mm ist da im Vergleich nahezu ein Festbrennweitenobjektiv. So oder so, es fällt mir sehr schwer hier (m)einen Sieger zu küren, beide Objektive haben gute Argumente die für sie sprechen. Würde ich vor einem kompletten Neukauf um UWW Bereich stehen, würde ich mich wahrscheinlich für das Nikon 10-24mm entscheiden. Ob es sich allerdings lohnt das Tokina zu verkaufen und das Nikon zu behalten, ist eine Frage, die ich nicht ohne weitere Bedenkzeit beantworten kann.
Mit ähnlichen Fragestellungen muss man sich übrigens auch im FX Bereich auseinandersetzen. Wer sich also für weiterführende Informationen zu UWW FX Objektiven interessiert, sollte mal bei Gunther Wegner vorbeischauen. Dieser hat kürzlich einen sehr interessanten Vergleich zwischen dem Nikon 16-35mm f4.0 und dem hier getesteten Nikon 10-24mm angestellt. Auch die Königin der UWW Objektive beleuchtet er näher, das Nikon 14-24mm f2.8.
Ein interessanter Ausflug in den FX Bereich der unter anderem auch zeigt, dass viel Geld nicht immer viel hilft.
Kommentare
ich vermute für Milchstrassenfotos fällt das Urteil eindeutig auf das Tokina wg. der 2.8er Blende und Schärfe? Flare etc. sollte doch hier keine Rolle spielen ...
Oder übersehe ich hier etwas?
Vielen Dank für den interessanten Test,
Gruß
Leider lassen sich die Referenzbild-Zips nicht entpacken. Kannst Du das vielleicht mal checken? Oder kannst Du mir die Abbilder sonst ggf. an meine hinterlegte E-Mail senden?
Ich möchte nämlich ggf. das Nikon-Objektiv kaufen und bin daher auf der Suche nach Referenzbilder.
Vielen Dank vorab,
Sven
Ich sehe zu, dass ich das ganze noch einmal hochlade.
UPDATE:
Ich habe die Bilder neu hochgeladen, sie sollten jetzt problemlos entpackbar sein. Danke für den Hinweis!
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